das Haus betreffend

Saarländisches Staatstheater unterzeichnet »Erklärung der Vielen«

Erst kürzlich hat sich das Saarländische Staatstheater der bundesweiten Bewegung »Wir sind viele!« angeschlossen, in der sich Kunst- und Kulturschaffende offen gegen Populismus sowie rassistisches und nationales Gedankengut aussprechen und zu Weltoffenheit und Demokratie bekennen. »Was am Saarbrücker Theater, wo tagtäglich über 400 Menschen aus verschiedensten Nationen friedlich miteinander arbeiten, gelingt, sollte doch auch in Europa möglich sein«, wünscht sich Bodo Busse.

Die »Saarländische Erklärung der Vielen« findet sich als Einleger in den neuen Spielzeitheften und kann hier als pdf heruntergeladen - oder auch sofort gelesen werden (siehe unten).

Mitte Mai (Sonntag, 19.5.) haben Kulturschaffende bundesweit ihre Stimme erhoben: für eine offene Gesellschaft, die Fortentwicklung ihrer demokratischen Gestaltung in Respekt, Vielfalt und Toleranz sowie gegen Rassismus, Diskriminierung, den rechts-nationalen Autoritarismus und Einschränkung der Kunstfreiheit. Auch das Saarländische Staatstheater war mit von der Partie: Im Anschluss an das 7. Sinfoniekonzert überraschte das Saarländische Staatsorchester unter der Leitung von GMD Sébastien Rouland das Publikum mit der Europahymne. Auch die Besucher der Ballettvorstellung Extravaganzen kamen nach dem Schlussapplaus in den Genuss musikalischer Zugaben: Die Schauspieler Anne Rieckhof, Christiane Motter, Thorsten Köhler, Michael Wischniowski und Achim Schneider am Piano rockten die Bühne mit »Somewhere in Europe« und »Insieme (Unite, unite, Europe)«, und am Ende stimmten Ensemblemitglieder und Mitarbeiter des Hauses gemeinsam mit den Besuchern die Europahymne an. Schon in den Pausen ein beliebtes Selfie-Motiv: Ein Foto im Europa-Sternenkranz - das ließen sich natürlich auch die Mitarbeiter des Theaters nicht entgehen.

  

Europa-Selfie: Generalintendant Bodo Busse und
Regieassistentin Alexandra Pape

Freude schöner Götterfunken: Ensemble und Besucher
singen gemeinsam die Europahymne

Im Europalook: das Saarländische Staatstheater

 

SAARLÄNDISCHE ERKLÄRUNG DER VIELEN


Das Saarland hat eine wechselvolle Geschichte hinter und das Projekt Europa weiterhin vor sich.

Vor den Weltkriegen hat es zeitweise zum französischen Herrschaftsverband gehört und stand unter bayerischer oder preußischer Herrschaft. Nach dem 1. Weltkrieg wurde es im Rahmen des Versailler Vertrages unter die Verwaltung des Völkerbundes gestellt. Mit dem 1935 durch Volksabstimmung erreichten Wiedereintritt ins Deutsche Reich hat die nationalsozialistische Regierung das Saargebiet politisch und kulturell als »Bollwerk gegen Frankreich« errichtet. Die wechselvolle Geschichte des Saarlandes, Bestrebungen der Autonomie oder das Protektorat Frankreichs endeten erst 1957 nach Volksabstimmung mit dem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland.

Rechtes und nationalistisches Gedankengut haben auch im Saarland viele Menschen zu Tätern gemacht und Opfer gebracht. In einer durch Bergbau und Stahlindustrie geprägten Region war es nicht nur Solidarität, die  das Denken und Handeln der Menschen geprägt hat. Heute sind wir Kulturschaffenden uns der Verantwortung bewusst, unsere Gesellschaft als eine pluralistische Versammlung zu begreifen, in der Demokratie immer neu verhandelt werden muss.

Das Saarland versteht sich heute in der direkten Nachbarschaft zu Frankreich, Luxemburg und Belgien als länderübergreifende europäische Großregion. Im Saarland schlägt das Herz Europas. Das »Bollwerk gegen Frankreich« ist schon längst eine politische und kulturelle Brücke zu Frankreich und ein Bekenntnis für Weltoffenheit und Demokratie. Die Grenzen sind offen, die grenzüberschreitende Kultur wird in vielen Bereichen des Alltags oft schon wie selbstverständlich gelebt. In den Grenzregionen hat man sich auch die Zweisprachigkeit zum Ziel gesetzt. Wo Sprachgrenzen abgebaut werden, sollten auch religiöse und nationale Barrieren als überwindbar gelten. Wir unterzeichnenden Kultur- und Kunstinstitutionen bekennen uns zu einem freiheitlichen, transkulturellen, demokratischen, vorurteilsfreien und die Menschenwürde respektierenden gesellschaftlichen Diskurs. Gerade wir sollten allen Menschen, egal welcher Geschlechtszugehörigkeit, Herkunft, Religion oder sexuellen Orientierung, die Räume öffnen, über sprachliche und nationalkulturelle Grenzen hinweg Dialoge und kreative Prozesse ermöglichen, um aus der Kraft der Vielen gemeinsame Werte zu schaffen, die auf die Zukunft einer offenen, transkulturellen Weltgemeinschaft gerichtet sind. Wir bieten kein Podium für nationalistische Propaganda. Wir solidarisieren uns mit Menschen, die durch rechtsextreme Politik an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Wir lassen unsere Vielstimmigkeit nicht stören.

Wir wenden uns gegen Populismus, rassistisches und nationalistisches Gedankengut, Einschränkung der Kunst- und Meinungsfreiheit, religiösen Fanatismus, Renationalisierung der Kultur und falsche Wahrheiten.

Gesellschaft, Kultur und Kunst sind partizipative Prozesse. Wir glauben an die Mehrstimmigkeit der Vielen, ohne die giftigen Beiklänge von Polemik, Rassismus, Hass, Hetze und Gewalt.

Unsere offene Gesellschaft im Herzen Europas braucht ein kreatives und proaktives Bekenntnis zur Demokratie!

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