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sparte4 KETTENBRIEF

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DER sparte4 KETTENBRIEF*:

n° 6 (22/23): Alfrēds Kalniņš' Oper BAŅUTA und ein zweiter Appetizer

   

MÄGDE! BUBEN! 

Im Rahmen unserer Literaturreihe SPARTENSPRECHER begrüßen wir am 16. Februar ganz besondere Gäste mit einem ebenso besonderen Programm.

Ständig auf der Suche nach jungen aufstrebenden Talenten für unsere Zwergbühne in der Eisenbahnstraße, wurden wir schon früh bei einem Regie- und Künstlerkollektiv fündig, das mit seiner Ästhetik und seinen Stücksetzungen in vor allem beengten Verhältnissen für Furore sorgte und (zumindest uns) noch jedesmal zu begeistern verstand. Bekannt geworden durch Operninszenierungen in Berliner Keller- und Kantinenräumen (um nur einige Beispiel zu nennen) strebt das MUSIKTHEATERKOLLEKTIV HAUEN UND STECHEN seit jeher ein bewegendes, grenzüberschreitendes und genreübergreifendes Musiktheater an. Neben Einflüssen aus Oper, Schauspiel und Film kommt dabei stets ein performatives Element zum Tragen, das in intensiver räumlicher Nähe bewusst Zwischenräume lässt für Impulse der Darsteller und deren Wechselwirkungen mit den Zuschauern. Zu erleben, wie die beiden jungen Regisseurinnen Julia Lwowski und Franziska Kronfoth ausgerechnet die oft so geheiligte (und manchmal gerade durch diese Heiligsprechung auch sehr starre, schwere und staubige) Oper vom marmornen Sockel der Hochkultur stoßen und in etwas zu verwandeln wussten, das mit einem Mal nachgerade leichtfüßig und mit unglaublicher Originalität und einer gehörigen Portion Frechheit und Witz ganz dicht am Zuschauer verhandelt werden konnte, war (und ist!) ein Theaterwunder, dass wir euch nicht vorenthalten wollten. Aber leider bleiben junge Regisseur*inne eben nicht dauerhaft Anfänger*innen, und manchmal widerfährt ihnen die wohlverdiente steile Karriere so schnell, dass wir als sparte4 mit all den Angeboten großer bis größter europäischer Opernhäuser nicht mehr mithalten können. HAUEN UND STECHEN war den Kellern und Winkeln und Buchten und Tunneln und Kammern schnell entwachsen - und gut so! Nichtsdestotrotz verbindet uns nach wie vor eine enge Freundschaft mit dem Kollektiv, dessen eigenwillige, wilde, performative und unverwechselbare Theatersprache für so vieles steht, dem wir in unserem Theaterverständnis nur voll beipflichten können.
   


Nach Arbeiten an der Berliner Volksbühne, den Sophiensælen, der Bayerischen und der Hamburgischen Staatsoper und der Deutschen Oper Berlin (um nur einige zu nennen), wurden HAUEN UND STECHEN im Jahr 2020 eingeladen, gemeinsam mit Künstler*innen aus Riga zum 100jährigen Jubiläum Lettlands die erste lettische Nationaloper BAŅUTA zu inszenieren, die als Symbol der lettischen Klassik gilt. Alfrēds Kalniņš' Oper feierte ihre Uraufführung am 29. Mai 1920, rund eineinhalb Jahre, nachdem Lettland seine Unabhängigkeit vom Russischen Reich proklamiert hatte, und kann als etwa dreistündige Mischung aus Fakten und Mythen in vier Akten beschrieben werden, angesiedelt im 13. Jahrhundert. Es ist eine raue und zauberhafte Welt, die hier beschrieben wird, in der die Protagonisten mutig sind und blutrünstig, die Liebenden stets und gänzlich aus ihrer Welt entrückt, und das kriegerische Volk die Fäuste gegen die Unterdrücker reckt. Kaum aus dem Krieg gerettet, verliert die junge Partisanin Baņuta ihren frisch angetrauten Ehemann durch einen Rachemord. Die Handlung überschlägt sich: Visionen von Tod und magische Zeichen, Entfremdung und Ablehnung, Verbote, Schwüre, heidnische Liebesrituale und der selbstbestimmte Wunsch nach Glück bestimmen bis zuletzt Baņutas Leben in der Fremde. In der Setzung des Kollektivs konfrontiert sich eine mythische Vergangenheit mit den Erfahrungen der Kriege des 20. Jahrhunderts in Osteuropa, deren Kämpfe insbesondere für Frauen auch nach der Rückkehr von der Front nicht endeten. 
   


Pandemiebedingt wurde die szenische Konzeption im Sommer 2020 für einen Film adaptiert, in dem Oper, Musiktheater und zeitgenössische Performance verschmelzen, und der der sparte4 endlich die Möglichkeit gibt, das Kollektiv mit einer seiner (doch eher monumentaleren) Arbeiten auf unserer Bühne zu begrüßen. Gezeigt wird ein besonderer Musikfilm, der seine Dramatik ohne Sentimentalität entfaltet, der mit der Zeit spielt und den Raum dabei in Stücke zerspringen lässt. 


BAŅUTA 

Opernfilm, OmeU, Lettland 2021, 154 min., eine Pause, mit Einführung, im Anschluss Nachgespräch mit dem Team | 16. Februar 2023, 19 Uhr, sparte4 | FV

Darsteller: Sopran: Angela Braun und Laura Grecka, Mezzosopran: Sniedze Kaņepe, Schauspiel: Gina-Lisa Maiwald, Dainis Sumišķis und Reinis Boters, Schauspiel, Live-Video: Āris Matesovičs, Bariton: Armands Siliņš, Flöte: Andis Klučenieks, Klarinette: Jēkabs Nīmanis, Klavier: Kārlis Tirzītis, Schlagwerk: Ernests Mediņš, Kontrabass: Staņislavs Judins

Regie & Fassung: Franziska Kronfoth, Musikalische Leitung & Arrangement: Jēkabs Nīmanis, Szenenbild & Kostüme: Lotta Hench, Schnitt: Ieva Stade, Kamera: Toms Šķēle, Ton Rostislavs, Rekuta-Džordževičs, Dramaturgie: Evarts Melnalksnis, Produktion: Marta Kontiņa & Elizabete Palasiosa, Regieassistenz: Artūrs Čukurs, Szenenbildassistenz: Inga Bermaka, Kostümassistenz: Nikola Ščadro
   

       

   

   


Der zweite Appetizer!

Ihr Lieben! Hier kommt der zweite Teil unseres Spielzeitausblicks mit all dem richtig duften Zeug und zwei wirklich großartigen Premieren, die die zwote Saisonhälfte für euch bereithält! Ready? Go! 

 

Premiere am 24. März 2023

DAS KIND MALT 
Stück von Dorian Brunz | Uraufführung

Es ist im Nebenzimmer. Angeblich malt es. Wobei man sich da nicht sicher sein kann, denn die Tür ist geschlossen, auch wenn sich niemand erinnern kann, wer genau sie nun eigentlich geschlossen hat. Zu hören ist jedenfalls nichts, oder war da was?

Die Atmosphäre in Doran Brunz‘ Debütstück DAS KIND MALT ist eine ausgesprochen unheimliche, und „unheimlich“ ist eine Atmosphäre „eben meist“ dann, so steht’s bei Sigmund Freud, wenn es „mit dem Angsterregenden überhaupt zusammenfällt.“ Interessant ist hierbei, dass Freud das Wort des „Unheimlichen“ aus dem „Heimlichen“ herleitet, dem „Heimelichen oder Heimeligen“ also: „zum Hause gehörig, nicht fremd, vertraut, zahm, traut und traulich“ oder „anheimelnd“, denn, so schreibt er weiter: „der Schluß liegt nahe, es sei etwas eben darum schreckhaft, weil es nicht bekannt und vertraut ist.“ Wobei „natürlich nicht alles schreckhaft [ist], was neu und nicht vertraut ist […]. Zum Neuen und Nichtvertrauten muß erst etwas hinzukommen, was es zum Unheimlichen macht.“ Im Falle des Power-Couples Ella und Kay ist dieses zusätzliche „etwas“ ein vielleicht etwas zu klar und starr reglementiertes Leben: Ella wird in den frühen Morgenstunden nach New York fliegen, um dort als UNO-Sonderbeauftragte eine wichtige Rede zu halten. Und Kai wird als Umweltexperte auf einer Klimakonferenz in Zürich die Lorbeeren monatelanger Vorarbeit ernten. Beide haben sich mit Haut und Haar nichts weniger als der Rettung der Menschheit verschrieben. Zuerst kommt die Karriere. Zum Wohle aller. Für Weiteres ist da kein Platz. Und doch sind die beiden Weltretter in eine Situation geraten, die unmittelbare Menschlichkeit verlangt...

Kai kommt nämlich gerade von der Mutter dieses "es" dort im Nebenzimmer. Die in seinem Beisein verstorben ist. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, hat sie ihn auf dem Sterbebett gebeten, das Kind bei sich und Ella aufzunehmen. Kai fühlt sich an den letzten Willen einer Sterbenden gebunden. Doch ein Kind annehmen, wo es noch dazu fast fremd ist? Und somit auch ziemlich „unheimlich“? Das geht nicht. „Wir sind keine Eltern“, sagt Ella im Stück, „es entspricht nicht unserem Naturell.“ Ein Kind passt nicht zum Leben der beiden, in dem es "weder Hunde noch Teppiche" gibt, „nicht mal ein kleines Bettchen“, und in dem man sich nur umarmt, wenn man vom anderen dazu aufgefordert wird oder vorher sein oder ihr Einverständnis eingeholt hat. Die Welt retten – Unbedingt und ja! – und doch könnte am Kind dort im Nebenzimmer die Beziehung zerbrechen. 

In atmosphärischer Dichte und mit boshafter Komik zeichnet Dorian Brunz die heillose Verwirrung eines Paares nach, dessen Lebensentwurf plötzlich kraftlos wird, weil sicher geglaubte Wahrheiten ins Wanken geraten.

Regie: Thorsten Köhler
Bühnenbild und Kostüme: Justus Saretz
Dramaturgie: Simone Kranz
Musik: David Rimsky-Korsakow

mit Simone Müller, Martina Struppek, Raimund Widra

 

 

Premiere am 2. Juni 2023

DIE BETTWURST DAS MUSICAL!

von Rosa von Praunheim | Musik von Heiner Bomhard

"Das war in Kiel am Kai / Und es war Mai"

Luzi und Dietmar – am Hafen von Kiel treffen sie sich, beäugen sich, beschließen: Von nun an verbringen wir unser Leben zusammen. Da wird der Weihnachtsbaum geschmückt, der Schrebergarten bestellt, das Bett geteilt. Und Geheimnisse auch: Dietmar gesteht seine kleinkriminelle Vergangenheit. Und die holt ihn ein – Luzi wird von Dietmars alten Komplizen entführt, und die (mühevoll, aber aufrichtig nachgeahmte) gutbürgerliche Idylle jäh gestört.

1971 ist er erschienen, Rosa von Praunheims Film »Die Bettwurst«, und avancierte schnell zum Kultfilm. Nicht zuletzt wegen seiner Hauptdarsteller*innen, beides Laien: von Praunheims Tante Luzi Kryn und Dietmar Kracht, den von Praunheim in der Berliner Stricherszene »entdeckte«. Eingesottene Fans kennen die berühmte Liebesszene natürlich in- und auswendig. Schonungslos exaltiert und höchst amüsant, reiht sich »Die Bettwurst« in von Praunheims Filmästhetik im »Camp«-Stil ein: Was vermeintlich lächerlich, dilettantisch und wie eine Zurschaustellung des Banalen wirkt, zeichnet ein selbstironisch-scharfes und zugleich liebevoll-verspieltes Bild einer Liebesbeziehung.

"Danke, liebe Bettwurst. Ohne dich wäre ich nichts, ohne dich wäre ich eine unbedeutende Sekretärin in der Gerichtsmedizin geblieben, und keiner hätte meine bunten schrillen Kleider verstanden und mein heiteres Gemüt und meine hohe Stimme und meine billigen Tapeten in meinem Wohnzimmer."

Im Herbst 2022 kam nun Die Bettwurst – Das Musical! in der Bar jeder Vernunft in Berlin zur Uraufführung. Die Musik stammt von Heiner Bomhard, inszeniert hat Rosa von Praunheim höchstselbst. Als Hommage an seinen Film, und an seine immer etwas zu laute, immer etwas zu schrille Tante Luzi Superstar und ihre unbeirrbare Selbstliebe. Paul Spittler wird Die Bettwurst in der sparte4 inszenieren. Geboren 1987 und in Strausberg bei Berlin aufgewachsen, lebt er mittlerweile in Wien. Während und nach dem Studium der Literatur-, Kultur- und Theaterwissenschaft in Dresden und Wien assistierte er u.a. am Staatsschauspiel Dresden, dem Burgtheater Wien und am Volkstheater Wien. Seit 2018 arbeitet er freischaffend und inszeniert sowohl an Theatern der freien Szene als auch an Stadttheatern. Seine inszenatorische Arbeit ist geprägt vom gemeinsamen Entwickeln und Ergründen:  »Theater ist Lust. Theater ist aktive Politik. Theater strahlt aus der Gesellschaft in sie hinein.«, sagt Spittler. Wir sind gespannt.

Musikalische Leitung: Achim Schneider
Inszenierung: Paul Spittler
Bühnenbild und Kostüme: Cleo Niemeyer
Dramaturgie: Gesa Oetting
   


   
* mit diesem E-Letter dürft Ihr natürlich machen, was Ihr möchtet, ihn drucken, löschen oder wieder und wieder lesen. Aber am schönsten wär’s doch, finden wir von der sparte4, Ihr würdet ihn und seine frohe Kunde einfach weiterverbreiten. Nur zu! Immerhin heißt das Ding ja nicht umsonst KETTENBRIEF!
   


Impressum:

 

Redaktion: Thorsten Köhler, Luca Pauer – Künstlerische Leitung sparte4

Kettenbrief n° 6 (22/23): "Alfrēds Kalniņš' Oper BAŅUTA und ein zweiter Appetizer":  Text BAŅUTA von Thorsten Köhler und MUSIKTHEATERKOLLEKTIV HAUEN UND STECHEN; Text DAS KIND MALT von Simone Kranz und Thorsten Köhler; Text DIE BETTWURST von Gesa Oetting

Bildnachweise: © Fotos BAŅUTA von Toms Šķēle

 

SPIELSTÄTTE

 

sparte4

Eisenbahnstr. 22/Ecke Stengelstraße (1.Stock)
66117 Saarbrücken

Haltestelle Hansahaus/Ludwigskirche
Buslinien 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 121, 122, 123, 126, 127, 128, 12

Abendkasse 0681 9590571 
Ab einer Stunde vor Vorstellungsbeginn geöffnet.

Student*innen schauen für umsonst! 

Kostenlose Theaterkarten erhalten Studierende der Universität des Saarlandes, der HTW, der HfM Saar und der HBK Saar im Rahmen der Kooperationsvereinbarungen gegen Vorlage ihres Studierendenausweises ab drei Tage vor der Vorstellung. Ausnahmen und Sonderregelungen bitte an der Theaterkasse oder bei der jeweiligen Hochschule erfragen.

 

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Impressum
Verantwortlich für den Inhalt des Internetangebotes der Saarländischen Staatstheater GmbH im Sinne des Telemediengesetzes (TDG): Generalintendant Bodo Busse, Kaufmännischer Direktor Prof. Dr. Matthias Almstedt | Adresse: Saarländisches Staatstheater GmbH, Schillerplatz 1, 66111 Saarbrücken
Karten Telefon Vorverkauf (0681) 3092-486, Abonnement (0681) 3092-482, Mail kasse@staatstheater.saarland | Öffnungszeiten Vorverkaufskasse: Dienstag bis Freitag 10 – 18 Uhr, Samstag 10 – 14 Uhr, Telefonisch auch montags 10 – 16 Uhr.

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