sparte4100 Min

1 yottabyte leben

Schauspiel von Olivia Wenzel | In Kooperation mit der Hochschule für Bildende Künste Saar

SMILEY FÜR DIE DATENKRAKE
Gläserne Menschen

 

Glamsquad Angel. Schon der Name ist Programm. Wahrscheinlich ist sie eine junge Frau – das liegt irgendwie nahe. Was wir sicher wissen: Sie ist eine Influencerin und verdient Geld damit, in den sozialen Medien dauerpräsent zu sein. Wir begegnen Glamsquad Angel in einem Hotelzimmer. Hier hat sie sich verschanzt, weil draußen mal wieder jemand Amok läuft. Die junge Autorin Olivia Wenzel schrieb dieses Stück der Generation Instagram auf den digitalen Leib. Denn nur wer seine Internetpräsenz auf ein Maximum ausdehnt, hat eine Chance, sich Gehör zu verschaffen, könnte der gemeinsame Nenner dieser Generation sein. Jede Mahlzeit, jede Minute der Lieblingsserie muss kommentiert oder abgelichtet werden. Im Internet können wir alles sein, außer allein. Die Stürme des Lebens gliedern sich dann nur noch in zwei Arten: Love und Shit. Kleine Böen oder sanfte Brisen werden nicht mehr wahrgenommen. Doch wie viel Leben hält das Internet aus? Und wie viel Internet halten wir aus?
Ein Yottabyte, also 100 Milliarden Festplatten mit jeweils zehn Terabyte Datenkapazität, ist eine Speichergröße, die bislang nur von Geheimdiensten wie der NSA gebraucht wird. In »1 yottabyte leben« schüttelt die Infl uencerin der Datenkrake freundlich die Tentakeln und wird zum gläsernen Menschen, als fände sie damit ihre eigentliche Bestimmung – durchsichtig und doch unbekannt.

 

Matthias Mühlschlegel ist Theaterregisseur und Performancekünstler. Seit 2010 arbeitet er mit der Künstlergruppe Unkoordinierte Bewegung zusammen. Am Saarländischen Staatstheater inszenierte er in der Spielzeit 2018/19 »Pig Boy 1986–2358« im Rahmen des Festivals Primeurs sowie »NippleJesus« von Nick Hornby.

Besetzung

Matthias Mühlschlegel Rimma Starodubzeva Corinna Popp

Video

Grigory Shklyar

Mitarbeit Video

Barbara Krzoska Sébastien Jacobi Thorsten Rodenberg
Video & Foto
Pressestimmen

»Zum beträchtlichen absurden Witz des Textes, zwischen monologisierenden Wortkaskaden und twittertauglich verknappter Formelhaftigkeit, addiert Mühlschlegels flott überdrehte Inszenierung visuell Groteskes: In einer Szene steckt er die Darsteller in adipöse Nacktheit simulierende Fatsuits, in denen sie aussehen wie eine Mischung aus Sexpuppe und Teletubby – deutlicher lässt sich kaum ausdrücken, mit welcher traurigen Infantilität die eigene Haut, auf abwärts kompatible Fuckability optimiert, online oft zu Markt getragen wird. Was zählt, ist der nächste geile Kick.«
Kerstin Krämer, Saarbrücker Zeitung

»Regisseur Matthias Mühlschlegel gelingt ein kurzweiliger Abend mit klug gesetzten Spitzen, viel Komik und auf bemerkenswertem Reflexionsniveau. Er stellt die Utopien aus, die sich an das Internet seit jeher koppeln, um sie zugleich wieder zu zerstören. Die "ständig perfekten Momente" entlarven sich als Schein und Trug. Das ist Kulturkritik in Reinform (...) hip und ganz am Nerv der Zeit.«
Björn Hayer, neues deutschland