Großes Haus165 Min 30 Min avant April 2022 April 2022

Der große Gatsby

Ein kapitalistisches Märchen von Rebekka Kricheldorf nach dem gleichnamigen Roman von F. Scott Fitzgerald

Roaring Twenties: Auf der Suche nach dem nächsten Kick

Jay Gatsby hat es geschafft – er ist reich! Und feiert das Leben mit dekadenten Partys, auf denen er sich dezent im Hintergrund hält und sich dem Amusement seiner Gäste hingibt. Sein Name geht durch aller Munde, gleich einem Versprechen: auf den schillernden Ausbruch, für einen Moment. Bald macht auch sein neuer Nachbar Nick Carraway seine Bekanntschaft. Als Liebesbote wird er hineingezogen in das abgöttische Werben um Gatsbys Jugendliebe Daisy, die zufällig auch Nicks Cousine ist – ein Liebesmärchen entspinnt sich von Liebe und Gegenliebe. Ach, wäre sie nur nicht bereits mit Tom verheiratet ...

Was 1925 als reine Hymne auf die Roaring Twenties seitens des Urhebers F. Scott Fitzgerald beginnt, auf erkaufte Sorglosigkeit und die Verheißung der Gegenwart, wird bei Rebekka Kricheldorf schnell zu einer Abrechnung mit dem Kapitalismus. Es folgt zunehmend die Hinterfragung der Oberfläche: wozu dienen Geld, Aufmerksamkeit und Konsum? Kann die Verbindung von Nicht- Materiellem und Konsum gelingen? Soll sie? Oder inwiefern ist nicht auch das Immaterielle ein Vehikel des Konsumkapitalismus, die Sehnsucht ein Standbein der Spektakelgesellschaft auf der Suche nach dem nächsten Kick?

Fitzgeralds Panoptikum einer vergnügungs- wie emoti- onslüsternen Gesellschaft dient Rebekka Kricheldorf als Grundlage für ein amüsant grelles Kammerspiel über Konsum, Geschlechterrollen und Begehren – damals wie heute. Gibt es ein Sein außerhalb des kapitalistischen Seins?

Distribution

Inszenierung

Bettina Bruinier

Bühnenbild

Volker Thiele

Kostüme

Justina Klimczyk

Choreographie

Lili M. Rampre

Musik

Fiete Wachholtz

Video

Leonard Koch

Dramaturgie

Horst Busch

Licht

Daniel Müller

Jay Gatsby

Sébastien Jacobi

Nick Carraway

Michi Wischniowski

Daisy Buchanan

Verena Bukal

Tom Buchanan

Jan Hutter

Myrtle Wilson

Emilie Haus

George Wilson

Fabian Gröver

George Wilson: N.N.

Jordan Baker

Laura Trapp

Mister Gatz, Eulenauge, McKee

Bernd Geiling

EMPTY

Catherine, Partygast, Hauspersonal u. a.

Christiane Motter

Mrs. Mc Kee, Partygast, Hauspersonal u. a.

Lina Witte

Partygast, Hauspersonal u. a.

Thorsten Rodenberg
Video & Photo
Voix de presse

»Fitzgeralds Geschichte erzählt von Jay Gatsby, in Saarbrücken hingebungsvoll gespielt von Sébastien Jacobi, (...) Nur einer bleibt bis zum Schluss ganz unten und nimmt erst am Ende die übergeordnete Position ein: George Wilson, der Gatsbys Schicksal besiegeln wird, mitreißend gespielt von Fabian Gröver. Die sprechende Kulisse von Bühnenbildner Volker Thiele besticht; ebenso die perfekt auf die Charaktere abgestimmten Kostüme, von Gatsbys auffälligen Smokings bis hin zu Daisys verträumt mädchenhaften Kleidern, alle erschaffen von Justina Klimczyk. Charakterstarke Musik von Fiete Wachholtz grundiert die Atmosphäre.« Mehr lesen ...

Nachtkritik, 14. April 2022, Katharina Kovalkov

»Der American Way of Life, der Traum vom Tellerwäscher zum Millionär ist bei ihrer (Bruiniers) kapitalismuskritischen Ansage schnell ausgeträumt, nüchtern analysiert sie den Zustand einer letztendlich sinnentleerten Welt vor den Toren der Metropole New York. Da verlieren selbst Gatsbys als legendär gehandelte Pool-Partys, denen er selbst fast immer fernbleibt, ihren Glamour und ihre Anziehungskraft. Kein Wunder, dass die elektrisiert-zuckende Party-Gesellschaft keine Magie und keinen Zauber entfaltet. Stattdessen stolpern die Akteure im genialen Rolltreppen-Bühnenbild von Volker Thiele übereinander und kommen letztlich immer wieder unten an. Sinnbildlicher kann man es nicht in den Fokus rücken.« Mehr lesen ...

OPUS-Magazin, 18. April 2022, Burkhard Jellonnek

»Die Kapitalismuskritik kommt bei der scheidenden Saarbrücker Schauspielchefin Bruinier auf leisen Sohlen daher. Sie arbeitet den feinen, bösen Humor der Kricheldorf- Vorlage exzellent heraus, inszeniert ein schlankes Konversations- Drama statt einer plakativen Pop-Revue, vermeidet Psychologisierung ebenso wie illusionistische Zwanziger-Jahre-Bezüge und schafft dadurch die Möglichkeit für intellektuelle Distanz. (...) das alles hat Bruinier mit ruhiger, kluger Hand arrangiert.«

Saarbrücker Zeitung, 16. April 2022, Cathrin Elss-Seringhaus