Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Da gibt es einen kleinen Zoo. Doch er ist kein gewöhnlicher Zoo. Der Pavian schaut weg, das Mufflon ist wütend, das Murmeltier sehr nachdenklich. Dann kommt ein neugieriger Bär dazu, der es nicht lassen kann, auf die andere Seite zu schauen und laut zu fragen, warum dort sogenannte „Gestreifte“ sind. Und weshalb ist denn das Nashorn gestorben, als es auf die andere Seite des Zauns schaute? Eindringlich und sensibel blickt Jens Raschkes preisgekröntes Theaterstück für junge Menschen und alle, die wider das Vergessen sind, auf Mechanismen, die das größte Verbrechen der deutschen Geschichte möglich gemacht haben: Die Ermordung von Millionen Menschen während des Nationalsozialismus in Deutschland. Denn Raschke erzählt kein grausames Märchen, sondern eine Geschichte, die auf unfassbaren Tatsachen beruht: Im Jahr 1938 wurde direkt neben dem KZ Buchenwald ein Zoo errichtet. Zur Unterhaltung der Aufseher und ihrer Kinder, die in einer Siedlung ebenfalls direkt neben dem Lager lebten.
Wie würden wir uns verhalten, wenn vor unseren Augen Unrecht geschieht? Wann und wie muss man Zivilcourage und Haltung zeigen, wenn man nicht mitschuldig werden möchte?
Begleitet vom Spiel einer Bassklarinette und einer Live-Kamera erwecken die Spieler*- innen die Zootiere zum Leben und setzen mit ihren Puppen ein Zeichen gegen das Wegsehen und Leugnen.
Die Kritik schreibt: (Sie) spielen so liebevoll – murmelnd, fauchend, brummend, fragend und fluchend –, dass hier die doppelte Kraft des Figurentheaters sichtbar wird: in der lebendig gewordenen Figur und im Spiel der Spieler*innen, die mal allein, mal zu zweit oder zu dritt eine Figur bewegen und ab und an ihre Puppen sogar tröstend in den Arm nehmen. (Sarah Heppekausen)