das Haus betreffend

Autor Olivier Choinière und die Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel und Franziska Baur sind Preisträger

Mit der Bekanntgabe der Primeurs-Preisträger auf SR 2 KulturRadio ist am vergangenen Freitagnachmittag (15. Januar 2021) das 14. Festival Primeurs zu Ende gegangen: Seit November vergangenen Jahres gab es beim Festival, das pandemiebedingt erstmals online stattfand, Woche für Woche französischsprachige Dramatik zu entdecken – insgesamt sechs Theaterstücke wurden erstmals in deutscher Übersetzung präsentiert. Bodo Busse, Generalintendant des Saarländischen Staatstheaters, ist erfreut, dass dem kulturellen Lockdown zum Trotz »mit dem Format der filmischen Lesungen neue, spannende Präsentationsformen zeitgenössischer Theatertexte« geschaffen wurden, die durch ihre »faszinierende Mischung aus Feature, Spielfilm, Lesung und Bühneninszenierung« bestechen. Froh ist Busse auch über die Fortführung der durch das Festival geknüpften Partnerschaften: »Gerade in Lockdown-Zeiten ist die künstlerische Kontinuität unseres Hauses in Partnerschaft mit SR 2 KulturRadio, dem Le Carreau Forbach und dem Institut Français ein kultureller Hoffnungsschimmer«.

Einen Autoren und zwei Übersetzer kürte die Fachjury – bestehend aus Anne Legill (Les Théâtres de la Ville de Luxembourg), Prof. Dr. Patricia Oster-Stierle (Lehrstuhl Französische Literaturwissenschaft an der Universität des Saarlandes) und Dr. Dirk Olaf Hanke (Verlagsleiter des Drei Masken Verlag, München) – zu den Preisträgern des 14. Primeurs-Festivals:

Der mit 3.000 € dotierte Autor*innenpreis geht an den kanadischen Schriftsteller Olivier Choinière, der die Juror*innen mit Manifest der Jungen Frau (Manifeste de la Jeune-Fille) überzeugte: »Das Stück (…) vermittelt eine Vorstellung von der Ratlosigkeit der gegenwärtigen Welt – ohne in die Unverbindlichkeit des Surrealen abzugleiten«, so die Jury und lobte den temporeichen Text als »witzig, stellenweise bissig und satirisch«. Das Theaterstück erschließe »eine neue Möglichkeit, mit dem Theater umzugehen und dabei auch das Theater selbst zu reflektieren«. Manifest der Jungen Frau rückt ein junges Mädchen als exemplarischen Teil der Konsumgesellschaft ins Zentrum der Handlung: Die Protagonistin ist gegen Konsum, natürlich. Und doch gibt es für sie kein anderes Thema: Mode, Essen, Partnersuche, Kultur, Krieg und Lifestyle – zu all dem äußert sie sich, ununterbrochen, ohne Pause, emotionsgeladen. Spannend: Die Geschichte kommt nicht als Ein-Frau-Stück daher. Insgesamt sieben Schauspieler*innen verkörpern dieses rebellische und zugleich angepasste Wesen – und katapultieren den Zuschauer in eine Art Bungeejumping von Haltungen und Meinungen.

Angesichts der zahlreichen gelungenen Übersetzungen wurde der mit 1.000 € dotierte Übersetzer*innenpreis geteilt: Sowohl Hinrich Schmidt-Henkel als auch Franziska Baur (die diesen Preis zum zweiten Mal in Folge erhält) dürfen sich über die Auszeichnung freuen.

Hinrich Schmidt-Henkel bekommt den Preis für seine Übersetzung Manifest der Jungen Frau: Das Stück stellt, so die Einschätzung der Jury, »aufgrund seiner sprachlichen Virtuosität höchste Ansprüche an den Übersetzer«. Schmidt-Henkel sei ein »kongenialer Übersetzer«, dem es gelinge, »im Deutschen Äquivalente für sprachliche Floskeln und Clichés zu finden« und dabei die »rhythmische Struktur zu treffen«.

Franziska Baur erhält den Übersetzer*innenpreis für ihre Übertragung von Tiphaine Raffiers Phantomschmerz (France Fantôme). Auch dieser Dramentext ist ein »sprachlich hoch anspruchsvolles Stück«: Baurs Übersetzung »trifft sowohl die lyrischen Passagen mit großer Musikalität wie die kalte Sprache der technisierten Welt« und bewege sich »souverän zwischen den unterschiedlichen Ebenen des Textes«, so das Urteil der Jury.

Autor*innen- wie Übersetzer*innenpreis werden gestiftet vom Saarländischen Staatstheater, den Freunden des Saarländischen Staatstheaters und dem Saarländischen Rundfunk.

► Wer Manifest der Jungen Frau und Phantomschmerz noch oder noch einmal sehen möchte, hat bis zum Ende der vorletzten Januarwoche Gelegenheit dazu: Die filmischen Lesungen beider Produktionen stehen noch bis einschließlich Freitag, 22. Januar 2021 aufwww.festivalprimeurs.euzum kostenfreien Abruf »on demand« bereit.

► Und wer die Preisverleihung auf SR 2 KulturRadio verpasst hat, findet die Beiträge der Sendung und Interviews mit den Preisträger*innen zum Nachhören als »Streaming on demand« auf sr2.de.

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