sparte470 Min September 2021

Augen ohne Gesicht

(Daughter's Cut)

Stück von Wilke Weermann frei nach dem gleichnamigen Film von Georges Franju

»Der Tod einer schönen Frau ist wahrlich das poetischste Thema der Welt«, sagte Edgar Allen Poe – und das Horrorgenre singt es ihm bis heute nach. Die (unbefleckte) Opfer-Heldin, das Survivor Girl, dient dem männlichen Blick als Projektionsfläche und Identifikationsfigur. In Georges Franjus surreal-poetischem Meisterwerk »Les Yeux sans visage« von 1960 verliert die junge Christiane ihr Gesicht. Ihr Vater, vielgerühmter plastischer Chirurg, raubt fortan anderen Frauen ihre Gesichter, um Christiane ein neues zu schenken. Doch ihr Körper wehrt sich, stößt wieder und wieder die fremde Haut ab. Und auch Christiane selbst sehnt sich nach der Freiheit einer eigenen Identität.

 

Wilke Weermann wird diesen Stoff neu befragen: Was lauert in den blinden Flecken des männlichen Blicks? Welche Macht kann eine Protagonistin erlangen, der jedes Wort von einem Mann in den Mund gelegt wurde? Und wo sitzt er, der eigentliche Horror, wenn doch der Schrecken der Schauspielerinnen selbst dann noch eine Fortsetzung erfahren kann, nachdem die Kameras lange abgestellt sind? »This is the girl«, sagt ein Mann zu einem weiteren in David Lynchs Film-Thriller »Mulholland Drive«. Und vielleicht sagt er damit mehr, als uns lieb ist.

 

Wilke Weermann, geboren 1992, ist Theaterregisseur und Autor. Für sein erstes Drama »Abraum« erhielt er 2016 den Hauptpreis des Münchner Förderpreises für deutschsprachige Dramatik. Seine Inszenierung von »Fahrenheit 451« wurde 2018 im Rahmen des Festivals »Radikal Jung« in München gezeigt. 2019 wurde Weermanns Stück »Angstbeißer« mit dem Hans-Gratzer-Stipendium ausgezeichnet, 2021 sein Stück »Hypnos« beim Autor*innen- Wettbewerb des Heidelberger Stückemarkts nominiert. Seit 2018 wird Wilke Weermann im Rahmen des FORUM Text von uniT gefördert. Seine Arbeiten führten ihn u. a. ans Staatstheater Kassel und das Deutsche Theater Berlin. »Augen ohne Gesicht«, eine Auftragsarbeit für die sparte4, ist seine erste Inszenierung am Saarländischen Staatstheater.

 

Ein Gespräch mit dem Regisseur Wilke Weermann finden Sie auf unserem Theater-Blog unterblog.staatstheater.saarland/moliere-in-minecraft-spielen/

Besetzung

Inszenierung

Wilke Weermann

Ausstattung

Johanna Stenzel

Tondesign

Constantin John

Dramaturgie

Simone Kranz

Licht

Kai Becker Nico Paulus

Christiane, Édith u.a.

Emilie Haus

Louise/Jules u. a.

Juliane Lang

Dr. Rasanoff/Georges u. a.

Anne Rieckhof

Stimmen

Christiane Motter
Fabian Gröver
Thorsten Köhler
Video & Foto
Pressestimmen

 »Bis dahin folgt Weermann weitgehend der Vorlage und inszeniert ein beklemmendes Gruselstück, mit starken Lichtkontrasten (...) Das lässt das Ende etwas unerwartet kommen bei diesem trickreichen, doppelbödigen und sehr lohnenden Theaterabend«

Saarbrücker Zeitung, 20. September 2021, Tobias Kessler