Die Glücklichen und die Traurigen
Das Bundesland Niedersachsen ist hochverschuldet. Man war für die ökologischen Fehltritte eines ortsansässigen Autokonzerns aufgekommen, darum droht jetzt die Pleite. Kein Geld mehr für Kultur, für Straßenbau, für Sozialleistungen. Da kommt eine anonyme Investorin wie gerufen: Sie möchte gleich eine ganze Stadt kaufen, verschiffen und an einem noch geheimen Ort als Freizeitpark wiederaufbauen. 32 Milliarden Euro plus Versandkosten bietet sie für eine kleine Gemeinde am Deister. Die wird nun mitsamt Freibad, Stadtbücherei und Bewohnern zur Schuldentilgung in 19.000 Container verpackt und auf ein Frachtschiff geladen. Ziel unbekannt.
Und so dümpelt man auf dem Meer, mit großen Fragezeichen im Kopf und noch größerer Langeweile, die man in Gesprächen zu tilgen sucht. Einander hemmungslos ausgeliefert, sinnieren die Verschifften über das Miteinander und das Gegeneinander, über Liebe und Nähe, über Heimat und Herkunft.
In einer Gesellschaft geprägt von Selbstoptimierung und der merkwürdigen Sehnsucht, stets glücklich zu sein, verhandeln die Glücklichen und die Traurigen in komischen, poetischen, traurigen, philosophischen Gesprächsfetzen, was das Leben lebenswert macht. Aber wenn alles um einen herum, einschließlich man selbst, zur Ware wird, was bleibt davon übrig? Und vor allem: wer?
Uraufführung in der sparte4: „Die Glücklichen und die Traurigen“ von Jakob Nolte, inszeniert von Thorsten Köhler
Inszenierung
Thorsten Köhler
Bildregie + Kamera
Grigory Shklyar
Bühne + Kostüme
Justus Saretz
Puppenbau
Larissa Jenne
Dramaturgie
Gesa Oetting
Licht/Ton
Nils Fiene Nico Paulus
Regieassistenz
Fred Kakuschke
Theaterpädagogische Betreuung
Luca Pauer
FSJ sparte4
Charlotte Mohr
Inspizienz
Fred Kakuschke
der Malte
Fabian Gröverdie Frau vom Malte
Anne Rieckhofder Kellner das Mausi
Tizian Steffendie Sandra
Jan Hutterder Mathias (im Video)
Gregor Trakisdie Frau im Niqab (gespielt)
Tizian Steffendie Frau im Niqab (gesprochen)
Thorsten KöhlerEMPTY
& 35151 weitere Loser (nicht im Bild)
»Werden es die Glücklichen oder die Traurigen sein, die eine Chance zum Überleben bekommen? Das ist die Frage dieses sehenswerten Theaterabends. (...) Die Spiellaune ist – sparte4-like – ausgesprochen groß, die variantenreichen Dialoge, Gesprächsfetzen, das Spiel mit Puppe, mit Videoausschnitten und wortwörtlich mit Händen und Füßen verlangen dem engagierten Ensemble ein perfektes Timing, gutes Rhythmusgefühl und Sprachfertigkeit und hohe Bewegungslust auf engstem Kabinen-Bühnenbildraum ab. Von banalem Alltagsgeplänkel bis philosophischer Gedankenvielfalt bewältigen es alle bravourös. Bis zum bitteren Ende und der Erkenntnis: Alle sitzen im gleichen Boot – auch das Publikum!« Mehr hören ...
Barbara Renno, SR 2 KulturRadio »Der Morgen«, 13. November 2023
»Die Premiere von Jakob Noltes ›Die Glücklichen und die Traurigen‹ am vergangenen Freitag in Saarbrückens sparte4 führte auf absurdes Parkett. Wobei die Fragen dahinter durchaus ernst sind: Es geht um globalen Ausverkauf, den Menschen als Ware und die Macht von Konzernen und Lobbyisten über den Staat.«
Kerstin Krämer, Saarbrücker Zeitung, 13. November 2023
»Mit einem außergewöhnlichen Bühnenbild und überraschenden Ereignissen gelingt es Jakob Nolte, den Zuschauer mit auf die Reise der Verkauften zu nehmen.« Mehr lesen ...
Lara Ensslin, saartext, 13. November 2023