Nathan
DARF’S EIN BISSCHEN MEHR SEIN?
Wie die Toleranz zur Ware wird
Er gilt als Reformator des deutschen Theaters: Gotthold Ephraim Lessing. Sein Meisterwerk „Nathan der Weise“ von 1779 gilt wiederum als zeitlos moderne Diskussion über die Utopie einer gleichberechtigten Koexistenz unterschiedlicher Religionen.
Die Ringparabel, Nathans beeindruckende Toleranzrede, zählt zu den wichtigsten Texten der europäischen Aufklärung. Der berühmte Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani bezeichnete Lessings Nathan einmal als „ersten Makler der Humanität“, der die hochgehaltene und viel geforderte Toleranz vor allem als „Verkaufsstrategie“ benütze.
Was kann uns das Märchen von den drei gleichen Ringen also heute erzählen? Schauspieldirektorin Bettina Bruinier wird mit ihrem Team dieser Frage nachgehen. Und dass diese Frage im Reformationsjahr gestellt wird, mag darauf hinweisen, dass es nicht immer um das Gegeneinander von Christentum und Islam oder Judentum gehen muss. Wer die Kreise enger zieht, findet auch innerhalb der großen Weltreligionen Mord und Totschlag.
Inszenierung
Bühnenbild
Kostüme
Dramaturgie
Einstudierung "Chor der Gläubigen" (ensemble4)
Sultan Saladin
Sébastien JacobiSittah
Juliane LangNathan
Gregor TrakisRecha
Barbara KrzoskaDaja
Gabriela KrestanEin junger Tempelherr
Philipp SeidlerDer Patriarch von Jerusalem und Chorführer
Thorsten LoebDerwisch und Klosterbruder
Ali Berber»Zuletzt wirkt Nathan bei Bruinier wie ein Gescheiterter. Wie einer, der sich verkalkuliert hat. Saladin, der mehr von seiner angestammten Führungsrolle denn von seinem aufgezehrten Vermögen lebt, schickt ihn davon. [...] In einem Epilog lässt Bruinier dem Patriarchen das letzte Wort. Er macht uns klar, dass Regierende und Regierte heute Lebensformen und Werte kapitalisieren: Euch das Privatglück, uns das Geschäftsglück. Wobei der Abend nahelegt, dass wir keinen guten Schnitt machen. Eher Marionetten gleichen. Wie der ins Stück eingebaute „Chor der Gläubigen“, der in einer sinnfälligen Szene gliederpuppengleich reihenweise umfällt.«
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Saarbrücker Zeitung, 18.09.2017, Christoph Schreiner
»Bruinier nutzt den Aufklärungsklassiker zu einem effektvoll modernisierten Realitätstest um religiöse Toleranz und Humanität. Neue Textteile schärfen den Blick für heutige Glaubensverwüstungen.«
SAARTEXT, 17.09.2017, Heiner Dahl
»Auch wie Bruinier für die Lessingschen Figuren heutige Entsprechungen unserer Gesellschaft findet, wirkt sehr schlüssig. Aus dem Muslim Saladin wird ein Bonvivant, den Sebastién Jacobi als lakonisch-coolen Vertreter einer bildungsbeflissenen Kulturschickeria gibt, aus dem Juden Nathan ein erfolgreicher Geschäftsmann und Workaholic, dem Gregor Trakis menschliche Züge verleiht und aus dem Patriarchen ein Gefährder, der als besorgter Wutbürger beginnt und als radikal-christlicher Terrorist endet.«
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SR2 Kulturradio, 17.09.2017, Reingart Sauppe